17. Türkenjahre 1683 - Der Kaiser auf der Flucht

Kaiser Leopold I (regierte 1658 - 1705)

Zwar gelang es den Türken im Jahre 1529 nicht, die Stadt Wien zu erobern, doch besetzten sie bald darauf große Teile Ungarns, wo sie dann fast 150 Jahre lang ihre Herrschaft ausübten. Dabei kam es immer wieder zu großen Auseinandersetzungen und wechselvollen Kämpfen mit den kaiserlichen Truppen und es war ein besonders Glück für Österreich, daß die Zeit des Dreißigjährigen Krieges von einer Schwächeperiode des Türkischen Reiches begleitet wurde. Dies änderte sich jedoch, als in Konstantinopel 1676 der ehrgeizige und skrupellose Großwesir Kara Mustafa an die Macht kam. Es waren nicht nur ungarische Aufständische, sondern auch französische Diplomaten Ludwig XIV., die ihn alsbald zur formellen Kriegserklärung an die Habsburger bewogen. Und am 31. März 1683 setzte sich das türkische Heer von Edirne aus in Richtung Wien in Bewegung. Es wurde auf 150.000 Mann geschätzt (andere Quellen nennen 180.000) und bestand aus Türken, Tartaren, Rumänen, Serben, Bosniaken, Kuruzzen und anderen. Dazu gehörte ein riesiger Troß von Mineuren, Kanonieren, Dienern, Händlern und sonstigem Volk. Kara Mustafa führte auf mehr als zweihundert Wagen seine private Schatzkammer, seinen Harm und sein Orchester mit.

Der Anmarsch der türkischen Streitkräfte über Belgrad und die Ungarische Tiefebene ging so zielstrebig voran, daß es schon am 7. Juli zu einem Gefecht bei Petronell - Regelsbrunn zwischen Tartaren und kaiserlichen Truppen kam. Am 14. Juli Traf das türkische Hauptheer vor Wien ein und begann sogleich mit der Einschließung der Stadt.

Das Scharmützel vom 7. Juli 1683 so nah vor Wien hatte die Haupt - und Residenzstadt in Angst und Schrecken versetzt. Wer nur irgend konnte, floh in den noch als sicher geltenden Westen. Kaiser Leopold I. (regierte 1658 bis 1705) schien bisher die Gefahr nicht richtig eingeschätzt zu haben. Trotz ernsthafter Vorstellungen seiner Berater hatte er zunächst keine Anstalten treffen lassen, um seine Gemahlin Eleonora mit den Kindern und dem Hofstaat aus Wien zu evakuieren. Doch in den Abendstunden des 7. Juli verließ er überstürzt mit seiner Familie und dem Hofstaat Wien. Als sicherste Route war die Prager Straße ausersehen worden und so ging die Flucht über die Donaubrücke und Korneuburg in den Westen. Sein engster Betrauter und Ratgeber, Graf Ferdinand Harrach, führte über diese Ereignisse tagebuchartige Aufzeichnungen und da lesen wir unter anderem:“. . . Als wir zu Langen - Enczerdorff durchfahrten, stunden selbe Bauern mit Röhren und Gewehr, welche denen, so durchreisten, weil Schmachwort sagten und drohten, sie die flühenden ausressenden Wienner nennent, die das Land wohl genossen und jetzt verlassen hätten...“

Wie man sieht, waren die Langenzersdorfer damals ganz schön aufmüpfig!

Aus dem Tagebuch erfahren wir weiter, daß der Kaiser eine halbe Stunde vor Mitternacht in Korneuburg ankam, eine Kleinigkeit aß und sich dann auf Stroh und Wagenpolster, mit seinem Mantel bedeckt, zur Nachtruhe niederlegte. Die Flucht ging anschließend über Krems und Linz bis Passau, wo dann Kaiser Leopold I. bis 25. August 1683 „im Exil“ residierte. Von hier aus begann er mit bemerkenswerter Energie, aber auch mit diplomatischem Geschick die umfassenden Hilfsmaßnahmen für das belagerte Wien zu organisieren.

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