1. Die ersten Siedlungsspuren

Venus von Langenzersdorf

Mit Interesse entnimmt man einem im Jahr 1884 erschienen Buch die Tatsache, daß es in Niederösterreich nicht weniger als sieben Orte gibt, deren Namen mit „Enzersdorf“ gebildet wird. Es war daher seit altersher notwendig, durch einen entsprechenden Zusatz eine eindeutige Unterscheidung dieser Orte vorzunehmen. Unser Heimatort bekam erst um 1650 die für ihn als langgestrecktes Straßendorf typische Beifügung „Lang“, vorher hieß er „Enzersdorf unter dem Bisamberg“: damit aber wird unsere Aufmerksamkeit auf die Landschaft gelenkt, auf die einmalige Lage zwischen Donaustrom und Bisamberg.

Und am Bisamberg fand auch seinerzeit L. Kmoch die erste Spur des Menschen in unserer Gegend, eines eiszeitlichen Jägers vom Ende der Altsteinzeit, in Form einer 13,2 cm langen Feuersteinklinge. Die Überreste der Jagdbeute der damaligen Zeit wurde im Löß der Weinkeller von Stammersdorf (Mammut) und Strebersdorf (Rhinozeros bzw. Wisent) gefunden.

Die darauf folgende Mittelsteinzeit (das Mesolithikum) lieferte erstmals den Nachweis einer Siedlung am nordöstlichen Teil des Bisamberges. Diese Stelle, die einen weiten Fernblick über das Marchfeld ermöglicht, ergab eine Fülle von interessanten Kleinwerkzeugen aus Stein (Mikrolithen). Auch spätere Epochen haben hier ihre Spuren hinterlassen.

Von Interesse ist auch eine zerstörte urzeitliche Wallanlage am höchsten Punkt des Bisamberges, der Elisabethhöhe. Außer einigen Hinweisen auf eine jungsteinzeitliche Besiedlung gibt es auch Funde der Hallstattkultur. Eine große Zahl von Fundstücken spricht jedoch für eine bisher zu wenig beachtete Höhensiedlung der Mittleren Bronzezeit, welche sicherlich in Verbindung mit der gegenüberliegenden Höhensiedlung vom Leopoldsberg gesehen werden muß.

Eine Besiedlung im unmittelbaren Ortsbereich des heutigen Langenzersdorf und damit der Beginn unseres Heimatortes läßt sich nun für die dem Mesolithikum folgende Jungsteinzeit nachweisen: 1955 und 1956 wurde in der Burleiten durch planmäßige Grabungen eine urgeschichtliche Wohngrube freigelegt. Das reichliche Fundmaterial - bemalte und nicht bemalte Gefäße und Tonscherben, zahlreiche Steinwerkzeuge, Knochen von Haustieren und Wild, eine Feuerstelle usw. - ermöglichte die Feststellung, daß es sich um die Wohnstätte eines seßhaften Ackerbauern aus der frühen Lengyelkultur der Jüngern Steinzeit handelte.

Venus von Langenzersdorf
 Von großer Bedeutung war auch der Fund eines eigenartig geformten Ton - Idoles, welches unter dem Namen „Venus von Langenzersdorf“ in die Fachliteratur Eingang fand und das auch auf der Weltausstellung 1958 in Brüssel gezeigt wurde. Die zahlreichen Holzkohlenreste ermöglichten mit Hilfe der C 14 - Methode eine Datierung des gesamten Fundkomplexes in die Zeit um 4.000 vor Christi. Als Vergleich sei daran erinnert, daß „Ötzi“, der Mann aus dem Eis, um 3.200 vor Christi gelebt hat.

Obwohl weitere systematische Grabungen bisher noch fehlen, lassen Oberflächenfunde eine ansehnliche Siedlung auf dieser günstig über dem Überschwemmungsgebiet der Donau gelegenen Löß - Terrasse der Burleiten vermuten. Auch die beiden in der Nähe dieser Fundstellen gelegenen und schon im Jahre 1944 geborgenen Brandgräber der Lengyelkultur passen in unser Bild von dieser frühen Siedlung. Und eine zufällig in nächster Nähe der Lengyel - Wohngrube im Jahr 1962 entdeckte kultische Hirsch - Deponierung der späteren Hallstattkultur oder der frühen Latène - Zeit um 350 vor Christi bestätigt unsere Annahme, daß die Burleiten durch Jahrtausende besiedelt war.

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