26. Die Einführung der Hausnummern

Zunächst ein kleiner geschichtlicher Rückblick; Am 20. Oktober 1740 verstarb unerwartet im Alter von 58 Jahren Kaiser Karl VI., der letzte Habsburger in Mannesstamm. Er hatte seine Tochter Maria Theresia in keiner Weise auf die Regierungsgeschäfte vorbereitet, trotzdem mußte sie von einem Tag auf den anderen diese heiklen und höchst verantwortungsvollen Pflichten übernehmen. Mit Hilfe von tüchtigen Beratern gelang es ihr aber grandios, die schwierigen Probleme zu meistern, langwierige Verteidigungskriege zu führen und zusätzlich auch noch eine Reihe von weitreichenden und höchst bedeutungsvollen Reformen durchzuführen.

Viele Verwaltungsverbesserungen, die Kaiserin Maria Theresia schon bald nach ihrem Regierungsantritt vornahm, hatten den Zweck, die militärische Schlagkraft (Preußenkriege!) sowie das Steueraufkommen des Staates zu heben. Durch Überprüfung und Neueinschätzung der Erträgnisse von Grund und Boden in der Zeit von 1749 - 1754 wurde eine gerechtere Steuereinhebung ermöglicht und Adel und Geistlichkeit einer stärkeren Besteuerung unterzogen. Allerdings wurde bei dieser Theresianischen Fassion (vom lat. Fateor = bekennen, dazugehörig: fatieren) die Häusernumerierung noch nicht durchgeführt. Erst im Jahre 1770 erfolgte im Zuge der Aufstellung von Konskriptionsbezirken, mit denen man die Aushebung zum Wehrdienst aufgrund der allgemeinen Dienstpflicht besser handhaben und kontrollieren konnte, die Häusernumerierung. Diese Konskriptionsnummern - noch heute sind sie als Zähleinheit der Katastralgemeinden in Verwendung - wurden ohne Berücksichtigung der herrschaftlichen Zugehörigkeit einzelner Häuser vergeben, sodaß man den Umfang der Ortschaften aus der geschlossenen Häuserfolge sehr gut erkennen konnte.

Lang-Enzersdorf war von alters her ein Dorf mit 89 bzw. 90 Nachbarn. Diese Bezeichnung kam nur den alteingesessen Bauern zu, den Ganz-, Halb- und Viertellehnern, nicht jedoch den Kleinhäuslern. Nachbarn oder Urhausbesitzer hatten gleichen Anteil an dem gemeinsamen Wald-, Weide und Feldbesitz, sie hatten auch das alleinige Mitspracherecht in der Dorfgemeinschaft. Ursprünglich genügte der Name des Hausvaters und nötigenfalls die Nennung der beiden Nachbarn, um einen Hof genau zu bezeichnen. Mit der Einführung der Hausnummern entstand nunmehr eine gute Übersicht; Nummer 1 erhielt das Haus an der Ecke Bisamberggasse / Korneuburger Straße; weiter ging dann die Numerierung die Bergzeile entlang bis zur Kirchengasse, diese hinauf zur Kirche und wieder zur Wiener Straße zurück; dann längs der Donauzeile hinauf bis zum Haus Nr. 96, somit man ungefähr gegenüber von Haus Nr. 1 angelangt war. Diese Numerierung läßt sich auf dem, schon im vorher genannten wiedergegeben alten Ortsplan sehr gut verfolgen, die soeben genannten Straßennamen beziehen sich allerdings auf die heutige Zeit. Das waren also die alten 90 Nachbarhäuser; nicht dazu zählten die Nummer 1 (damals noch ein Gartenhaus, später entstand dort ein Bauernhaus welches aber gegen Ende des Zweiten Weltkrieges schwer beschädigt und dann abgetragen wurde), 51 (Schulhaus), 52 (Pfarrhof), 53 (Mesnerhaus), 55 (Kleinhaus) und 56 (Halterhaus, heute an diese Stelle eine Gemeinde - Wohnhausanlage). Bald darauf entstanden dann neue Häuser am Ortsrand (deren Besitzer Kleinhäusler genannt wurden), da von der wenig beliebten Militärpflicht am ehesten Hausbesitz befreien konnte. So erfahren wir z.B. schon 1778 anläßlich eines Testaments von einem „Kleinhäusl“, das die Nr. 97 hatte. Wie schon erwähnt, werden die Konskriptionsnummern auch heute noch vergeben und im Bauamt der Marktgemeinde geführt.

Schließlich soll noch daran erinnert werden, daß im Jahre 1770 auch in Wien die Amtliche Häusernumerierung durchgeführt wurde; sie löst die seit dem Mittelalter übliche Bezeichnung nach Hauszeichen, Besitzernamen, ab. Die Hofburg bekam die Nr. 1, die Staatskanzlei auf dem Ballhausplatz Nr. 2, das erste Haus am Michaelerplatz Nr. 3 usw.

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