35. Schulreform und neues Schulgebäude

Unter Pfarrer Joachim Knab wurde im Jahre 1777 aus dem Kirchenvermögen die Schule gegenüber dem Pfarrhof erneuert und erweitert, die Kosten betrugen 300 Gulden. Dieses Haus in der Oberen Kirchengasse 7 ist heute noch weitgehend erhalten, hier haben viele hunderte Kinder unseres Ortes mit den Grundlagen der Schulweisheit Bekanntschaft gemacht. Der Grund für die Modernisierung dieses Schulgebäudes ist sicherlich auch in den Schulreformen der Kaiserin Maria Theresia zu suchen, welche 4 Jahrzehnten dieses 18. Jahrhunderts ihren Stempel aufgedrückt hatte.

Uns interessiert hier vor allen Dinge ihre Schulreform, welche durch Schaffung der ersten staatlichen Zentralbehörde für das Unterrichtswesen im Jahre 1760 begann. In den früheren Jahrhunderten lag das Bildungswesen vorwiegend in den Händen der Kirche und bei den Ordensgemeinschaften, sollte aber nunmehr verstaatlicht werden. Maria Theresia formulierte den Grundsatz ihrer Schulreform klar und eindeutig: „Die Schule ist und bleibt ein Politicum, das heißt Teil und Interesse des öffentlichen staatlichen Lebens.“

Der preußische Staat - durch 2 ½ Jahrzehnte der härteste Gegner der Kaiserin - hatte seine Schulreform bereits realisiert. Dort hatte der Abt der Augustiner Chorherren in Sagan (in Schlesien gelegen, welches bis 1742 zu Österreich gehörte), Johann Ignaz von Felbiger, im Jahre 1763 alle diesbezüglichen Maßnahmen getroffen. Maria Theresia entschloß sich deshalb, den Preußenkönig Friedrich II. zu bitten, ihren ehemaligen Untertanen Felbiger nach Wien zu entsenden, wo er auch am 1. Mai 1774 eintraf. Sein Werk war die Ausarbeitung einer „Allgemeinen Schulordnung“ für Österreich, welche am 6. Dezember 1774 in Kraft trat und die bisherige Volksschule grundlegend refomierte.

Nunmehr wurden - möglichst an allen Orten mit Pfarrkirchen - für die sechs- bis zwölfjährigen Kinder zwei klassige „Trivialschulen“ eingerichtet. Diese Schulgattung hatte ihren Namen von der Gliederung des Unterrichtes in drei Gruppen: 1.) Religion und deren Geschichte sowie Sittenlehre. 2.) Lesen geschriebener und gedruckter Texte, das Schreiben der Kurrentschrift sowie das Rechnen mit den vier Gundrechnungsarten sowie einfache Schlußrechnungen. 3.) „Die für das Landvolk gehörige Anleitung zur Rechtschaffenheit und zur Wirtschaft“. Gleichzeitig sollte das Schulbuch verstärkt als wichtiges Lehrmittel in den Unterricht einbezogen werden.

Weiters gab es in den größeren Städten „Hauptschulen“ mit drei Klassen, welche einen wesentlich umfangreicheren Lehrplan hatten und schließlich in jeder Landeshauptstadt eine „Normalschule“ für die Lehrerausbildung. 

Auch die Langenzersdorfer Schule wurde in eine Trivialschule umgewandelt. Als Lehrmittel verwendete man damals: Das A-B-C-Büchel für Dorfschulen; das Namensbüchel ; den großen Katechismus mit Fragen und Antworten; den kleinen Katechismus; das Lesebuch für Land- oder Trivialschulen. In Langenzersdorf wirkte seit 1764 noch an der alten Schule, die sicherlich an der gleichen Stelle stand wie der Neubau von 1777, als Lehrer Leopold Chimani. Wir werden über seine 57 jährige Tätigkeit als Dorfschulmeister noch ausführlich berichten.

Abschließend ist noch eine weitere schulische Aktivität von Pfarrer Knab zu nennen: 1786 gründete er eine Arbeitsschule für Mädchen (als Vorläuferin des weiblichen Handarbeitsunterrichtes in den Schulen Österreichs), welche die erste dieser Art war. Hier bekam die weibliche Ortsjugend nicht nur unentgeltlichen Unterricht im Stricken, Nähen und anderen Handarbeiten (als Strickmeisterin fungierte Eva, die Tochter von Leopold Chimani), sondern erhielt auch Vergütung für die von ihr angefertigten Kleidungsstücke, die der wohltätige Pfarrer ankaufte um sie an die Armen zu verschenken. Es ist anzunehmen, daß unsere Arbeitsschule das Vorbild für jene „Industrieschule für Mädchen“ war, welche Franz de Paula Gaheis in der Zeit seines Wirkens als Direktor der Hauptschule Korneuburg (1788 - 1798) dort gegründet hat.

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