54. Die Post im Haus Nr. 16, Fortsetzung II

Ausschnitt aus dem Ortsplan von 1820 mit Posthaus Nr. 16

Die ausführliche Schilderung der Drangsalierung und Terrorisierung der Bevölkerung durch eine Besatzungsmacht (der Franzosen) fügt sich gut in das Bild, welches wir bereits aus den diesbezüglichen Darstellungen des Dorfschulmeisters Leopold Chimani sowie des Langenzersdorfer Bürgers Josef Kellinger gewonnen haben. Um dieses Thema abzuschließen, soll der Leidensweg unseres damaligen Pfarrers Sebastian Koppreiter (ewirkte im Ort seit dem Jahre 1795) wiedergegeben werden, wie er in der „Geschichte der Pfarre Langenzersdorf" (1926 erschienen) aufgezeichnet ist:
 „Hatten schon Ort und Pfarrer beim ersten Einfall der Franzosen schwer gelitten, beim zweiten Einfall der nämlichen Truppen, nach der am 6. Juli 1809 bei Deutsch Wagram für Österreich unglücklich verlaufenen Schlacht, erging es ihnen noch viel ärger. Das Pfarrhaus, die Kirche und der ganze Ort wurde von den siegenden Truppen und ihren Bundesgenossen ausgeplündert, auf eine barbarische Weise verwüstet und selbst das Aller-heiligste nicht geschont. Mehrere Häuser wurden von dem Feinde durch Feuer zerstört, der Pfarrer, der Schullehrer Leopold Chimani d. Ae. Und viele andere Personen des Ortes wurden mißhandelt.
 Pfarrer Sebastian Koppreiter glaubte sich anfangs in den Weingärten sicher, doch die Franzosen entdeckten ihn, schossen auf den ängstlichen Flüchtling, befahlen ihm Halt zu machen, fielen wie hungrige Löwen über ihn her, warfen ihn zu Boden, raubten ihm alles und zogen ihm auch seine Kleider aus. Nach dieser Heldentat verließen sie ihn triumphierend. Als er sich erholt und seine Besinnung wieder erhalten, schlich er sich ins Posthaus hinein, wo er sich vom Knecht einen alten Rock borgte. In den Pfarrhof konnte er nicht zurück. Er mußte mehrere Tage von Gelsen, Fliegen und anderem Ungeziefer geplagt, krank und schwach in einer abgebrannten Scheuer des damaligen Richters, Wagnermeister Josef Saroba, Nr 72, auf einem Strohlager unter freiem Himmel in der Verkleidung eines Postillions liegen. In diesem miserablen Verstecke verschlimmerte sich der Gesundheitszustand des Pfarrers immer mehr und er mußte zur Genesung in eines der stiftlichen Häuser nach Wien gebracht werden. (Gestorben am 30. Mai 1810 und auch hier begraben.) Auch wurde so seines ganzen Vermögens beraubt und wurde so seiner bisherigen Wohltätigkeit eine Grenze gesetzt. Während der Krankheit des Pfarres hat vom 29. August bis 14. Oktober 1809 der als Geschichtsschreiber bekannte Gastmeister des Stiftes, Maximilian Fischer, die Pfarrgeschäfte geleitet. Auch der emeritierte Pfarrer Uhl von Poysbrunn, der als Messeleser im Pfarrhofe zu Langenzersdorf lebte, war von den Franzosen ausgeplündert und vertrieben worden. Er fand am 18. Juli im Stifte Klosterneuburg einen sicheren Unterstand beim Kammerdiener Schachner. Ende Oktober ging er wieder nach Langenzersdorf zurück. Zum Dank für die freundliche Aufnahme, die Johann Baptist Uhl im Stifte Klosterneuburg und dann wieder im Pfarrhofe Langenzersdorf für seinen Lebensabend gefunden hatte, errichtete er eine Frühmessenstiftung. Dieses Benefizium wurde aber erst 1831 besetzt."
 Kehren wir wieder zu unserm eigentlichen Thema, der Post im Hause Nr. 16 (heute Korneuburger Straße 20, sog. „Haderhaus), zurück: Im Jahre 1817 erscheint in den alten Aufzeichnungen Ludwigs Krakowitzer nunmehr als Erbpostmeister sowie auch Besitzer des Posthauses Nr. 16 auf. Er hielt für den Postbetrieb 24 Zugpferde, zwei gedeckte und zwei ungedeckte vierrädrige Wagen und außerdem Reitpferde für die im Erblichkeitsprivilegium vorgesehenen unentgeltlich zu leistenden wöchentlichen Postritte nach Wien und Stockerau.
 Aus diesen Angaben ist ersichtlich, daß sich das Postwesen nach den schweren Einbußen der Franzosen doch wieder recht gut erholt hatte. Dazu paßt auch eine Eingabe des k.k. Postmeister Krakowitzer aus dem Jahre 1821, mit welcher er um die Aufstockung des ihm gehörigen Posthauses (Nr. 16) ansuchte. Dieses ist im Ortsplan aus dem Jahre 1820 (Katasterplan) gut erkennbar und bestand damals noch aus zwei langgestreckten Einzelgebäuden, zwischen denen sich ein zur Straße offener Hof befand. Mit der geplanten Aufstockung wurde auch eine Zusammenfassung der beiden Einzelgebäude sowie eine geschlossene Straßenfront angestrebt. Bemerkenswert ist, daß damals hauptsächlich die Gasthäuser einen ersten Stock aufwiesen.
 Aus dem erwähnten Ortsplan ist noch ersichtlich, daß zum Posthaus ein großer, bergwärts gelegener Garten mit eingezeichneten Wegen gehörte. Eine ähnliche Gartendarstellung findet sich nur noch bei einem weiteren einstöckigen Gebäude sowie beim Pfarrhof.

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