55. Die Post im Haus Nr. 16, Schluß

Die alte Poststation (Korneuburgerstraße 20), Photo J. Brokx 1997

Mit der bereits erwähnten Aufstockung des Posthauses bekam das Gebäude jene Gestalt, die im Wesentlichen auch heute noch erhalten ist. Die zweigeschossige Straßenfassade wird durch einen leicht vorspringenden Mittelteil (Mittelrisalit) gegliedert, hier befindet sich auch die mit einem Segmentbogen abgeschlossene „Einfahrt", über derselben ein Doppelfenster. Das Gehsteig- und Straßenniveau ist allerdings im Laufe der Zeit angehoben worden, wodurch das Tor niedriger erscheint.
 Von besonderem Interesse sind 8 Stück Reliefplatten, die über den Erdgeschoßfenstern angebracht sind. Sie zeigten figurale Darstellungen aus der griechischsen und römischsen Mythologie und sind sorgfältig und detailreich gearbeitet. Leider wissen wir nichts über den Meister, der sie geschaffen hat. Es ist jedoch denkbar, daß diese kleinen Kunstwerke mit der Steinmetzwerkstäte des Stiftes Klosterneuburg in Verbindung stehen. Für die Entstehungszeit dieser Reliefplatten kann man das Jahr 1822 (oder 1823) ansetzten, da die 1821 begonnene Aufstockung mit keinem allzugroßen baulichen Aufwand verbunden war. Den Auntrag für den künstlerischen Schmuck seines Hauses wird wohl Postmeister Krakowitzer gegeben haben. Erwähnenswert sind noch im Gebäude vorhandene „ schliefbare" Kamine, der alte hölzerne Dachstuhl, sowie die Tatsache, daß das Gebäude seit dem Jahre 1964 unter Denkmalschutz steht.
 Da die Reliefplatten doch eine Besonderheit darstellen, erscheint eine kurze Beschreibung derselben angezeigt:
 Bei näherer Betrachtung kann man diese acht Platten in zwei Gruppen unterteilen; nämlich vier Stück, die sich auf das Kutschieren beziehen (und damit auf die Postkutschen bzw. die Reiterei hinweisen) und vier Stück mit jahreszeitlichen Motiven (womit der Bezug zum bäuerlichen Leben auf dem Lande hergestellt wird).
 In der ersten Gruppe finden wir eine Darstellung des griechischen Sonnengottes Helios, stehend auf einem Rennwagen, von vier Pferden gezogen. Weiters ein stehender Jüngling in einem Rennwagen mit drei Pferden. Die Jagdgöttin Diana, deren Wagen von drei Hirschkühen gezogen wird. Die Göttin Eos mit zwei Pferden.
 Bei den Jahreszeiten - Reliefs wird der Frühling durch eine weibliche Gestalt dargestellt, die ein Füllhorn mit Blumen entgegennimmt, während der Sommer durch Getreidegarben symbolisiert wird. Bacchus, der römische Gott des Weines steht für den Herbst, während der Winter durch einen alten, sich wärmenden Mann dargestellt wird. Zur weiteren Ausstattung der Straßenfassade dieses k.k. Posthauses hat sicher auch noch ein großer Doppeladler gehört, mit dem die amtliche Funktion des Gebäudes angezeigt wurde.
 Postmeister Ludwig Krakowitzer verstarb am 22. Jänner 1828 im 38. Lebensjahr. Sein Grabdenkmal, von Künstlerhand im Stil des Klassizismus in Stein gemeißelt, befindet sich an der Südseite der Langenzersdorfer Pfarrkirche und ist ebenfalls einer Besichtigung wert. Nach Krakowitzer werden noch einige Administratoren (Verwalter) des Postamtes genannt, bis am 19. Dezember 1854 Franz Schnepf zum k.k. Postmeister ernannt wurde Da er Besitzer des Hauses Nr. 30 war (des Gasthauses „Zur goldenen Weintraube", heute Hauptplatz 7), verlegte er mit seinem Amtsantritt am 15. Jänner 1855 den Postbetrieb in dieses Gebäude, in dem sich die Post schon vor 1697 befunden hatte. Damit aber wurde die 158 jährige Nutzung des Hauses Nr. 16 als k.k. Poststation beendet.

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