56. Beziehungen von Beethoven und Schubert zu Langenzersdorf

Das Schubert-Denkmal in Langenzersdorf aus dem Jahre 1928, restauriert 1997

Über Joseph von Eichendorff, den bedeutenden Dichter der deutschen Romantik und seiner Beziehungen zu unserem Gebiet, haben wir bereits gelesen. Nun sollen weitere Persönlichkeiten folgen.

Der Komponist Ludwig van Beethoven (1770 Bonn – 1827 Wien) kam im Jahre 1792 nach Wien, wo sein Schaffen den Höhepunkt der musikalischen Klassik und den Begin der Romantik erreichte. Viele seiner Freunde und Gönner, deren er zahlreiche Werke widmete, waren Adelige. So wurde er auch mit der kunstsinnigen Gräfin Anna Maria Erdödy geb. Gräfin Nisky (1778-1837) bekannt, welche das 1795 erbaute Erdödy-Landgut zu Jedlesee mit seinem großen, parkähnlichen Garten in den Jahren 1809 – 1818 besaß und hier mit ihren drei Kindern wohnte. Beethoven war im Jahre 1815 häufig ihr Gast, wohnte auch hier und hat ihr Kompositionen gewidmet. Das langgestreckte, seit dem Brand von 1863 nur mehr ebenerdige Gebäude mit Mittelrisalit und 7 Fenster Straßenfront hat heute die Adresse Jenewingasse 17 (XXI. Wienergemeindebezirk) und ist seit 1973 eine Beethovengedenkstätte mit entsprechenden Hinweistafeln an der Straßenseite.

Für uns von Interesse ist folgender Brief Beethovens:

„Lieber Brauchle!
 Kaum bin ich bei mir, so finde ich meinen Bruder lamentirend
 fragen nach den Pferden - ich bitte sie, erzeigen sie mir die Gefällig-
 keit, sich nach langen Enzersdorf zu begeben wegen den
 Pferden, nehmen sie auf meine Kosten Pferde in Jedlersee, ich
 werde es ihnen herzlich gern vergüten - … scheuen sie keine
 Unkosten, ich trage sie gerne. Es ist nicht der Mühe werth wegen
 lumpigen einigen Gulden jemanden leiden zu lassen.
 alles schöne der lieben Gräfin.
 In Eil ihr wahrer Freund Beethoven.“

Dieser Brief ist nicht datiert, er kann aber mit großer Sicherheit in das Jahr 1815 gesetzt werden. Der Inhalt läßt erkennen, daß sich Beethovens erkrankter Bruder Sorgen macht um Pferde, die sich in Langenzersdorf befanden (und möglicherweise ihm gehörten). Der hier genannte Brauchle war Erzieher der junden Erdödys genoß sowohl bei der Gräfin als auch bei Beethoven hohes Ansehen.

Es wird auch erzählt, daß der Langenzersdorfer Dorfschulmeister Leopold Chimani d.Ä. mehrmals mit Schulkindern die musikliebende Gräfin Erdödy besuchte, um dort zu singen und zu musizieren. Der Gedanke ist faszinierend, daß es dabei auch zu einem Treffen zwischen dem hochmusikalischen Schulmann Chimani d.Ä. und dem großen Meister der Tonkunst Beethoven gekommen sein könnte.

Jedlesee und Langenzersdorf hatten damals gemeinsame Gemeindegrenzen und es gab auch einen „Enzersdorferweg“. Dieser führte zu Jedlesee längs der Schwarzen Lacke (ehemals ein ca. 8 km langer, gekrümmter Donauarm, der bei Hochwasser wegen der reißenden Strömung besonders gefürchtet war) zur Strebersdorfer Feldkapelle und dann weiter nach Langenzersdorf. Hier sei daran erinnert, daß es auch in Strebersdorf eine eigene „Langenzersdorfer Straße“ gibt.

Nun zu Franz Schubert, dessen Gedenkjahr 1997 anläßlich der 200. Wiederkehr seines Geburtstages allmählich zu Ende geht: Unweit der Pfarrkirche von Bisamberg steht in der Anton Zickelgasse 4 das alte Schulmeisterhaus von Bisamberg. Die Abgrenzung des Grundstückes zur Gasse erfolgt durch eine hohe Mauer, welche eine Gedenktafel trägt. Der Inschrift ist zu entnehmen, daß hier

„… Franz Schubert … viele frohe Stunden seiner Kinder- und Jugendzeit“ verbracht hat. Leider ist diesbezüglich keine Jahreszahl angegeben; jedoch hat Hugo Polak-Mürzsprung festgestellt (siehe „Rund um den Bisamberg“, Band 3/1966), daß Schubert gemeinsam mit dem Sohn Ferdinand des Bisamberger Schulmeisters Leopold Zeiler das Lehrerexamen abgelegt hat. Aus Schuberts Lebenslauf ist dieses Datum mit Sommer 1814 bekannt, sodaß seine Aufenthalte im Bisamberger Schulmeisterhaus um diese Zeit anzusetzen sind.

Der Weg nach Bisamberg führte über die Pragerstraße, sodaß Franz Schubert auch mit Langenzersdorf Bekanntschaft machte. Es ist auch denkbar, daß er hier Station gemacht hat, da es einige Beziehungen zu der kinderreichen Familie des bereits erwähnten Dorfschulmeisters Leopold Chimani d.Ä. gab, wie nunmehr gezeigt werden soll:

Eine Verbindung Schuberts ist mit dem gleichaltrigen Aloys Chimani vorhanden; beide scheinen nämlich in den Akten des k.k. Stadtkonviktes der Wiener Piaristen im Jahre 1811 als Hofsängerknaben auf. Schubert mit einem Lob wegen des allgemeinen guten Fortganges, Chimani mit einem Tadel, weil es ihm an Talent oder Fleiß zum Klavierspiel mangelt. Beide gehörten auch noch im Juli 1812 zu den zehn Hofsängerknaben.

Zu erwähnen ist auch die Beziehung zwischen Schuberts Bruder Ferdinand und Leopold Chimani d.J. (das ist der erstgeborene Sohn – im Jahre 1774 – des Dorfschulmeisters Leopold Chimani d.Ä.). Die beiden genannten waren Teilnehmer einer Reise nach Gutenstein, wie einem ausführlichen Brief vom 4. August 1825 von Ferdinand Schubert an seinen Bruder Franz zu entnehmen ist.

Aus dem Todesjahr von Franz Schubert (er starb am 19. November 1828) ist noch eine weitere Beziehung mit den Chimanis bekannt: Am 7. Februar 1828 gab es eine Abendunterhaltung der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, auf dem Programm stand u.a. auch der 23. Psalm für vier Singstimmen von Franz Schubert. Direktor dieser Veranstaltung war „Herr Chimani“ und es konnte bisher nicht geklärt werden, ob damit der Advokat Dr. Franz Chimani gemeint ist, oder dessen Sohn. Jedenfalls waren beide Chimanis Mitglieder des Repräsentanten-Körpers der Gesellschaft der Musikfreunde, wie auch Franz Schubert diesem Leitungs-Komitee angehörte.

Ob und wieweit diese geschilderten Beziehungen dem Vorstand des Langenzersdorfer Männergesang und Musikvereines im Jahre 1928 bekannt waren, läßt sich heute nicht mehr feststellen. Jedenfalls hat man in diesem Jahr zur Erinnerung an die 100. Wiederkehr von Franz Schuberts Todestag in Langenzersdorf ein Schubertdenkmal errichtet, eine Schubertlinde gepflanzt und die dazu gehörige Grünfläche Schubert-Park benannt. Im Gedenkjahr 1997 wurde die gesamte Anlage vom Kulturreferat der Marktgemeinde Langenzersdorf restauriert und erneuert unter tatkräftiger Mithilfe des Gesangvereines 1877, wie der oben erwähnte Männergesang und Musikverein nunmehr heißt.-

Anmerkung: Herrn Hans Kurt Groß danke für Literaturhinweise.

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