9. Das ausklingende Mittelalter (I) - Wohlstand und Verheerungen:

Die Verbrennung von Jan Hus nach einer zeitgenössischen Darstellung

Coloman von Enzersdorf hatte nicht nur 1323 die finanziellen Voraussetzungen für einen Kaplan an unserere Kirche geschaffen, sondern auch 1329 durch den Kauf eines Zinslehens weiterhin großzügig für die Pfarrkirche gesorgt. Wir Können diese Transaktionen sicherlich mit einem gewissen Wohlstand in Verbindung bringen, der in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts herrschte. Dazu paßt die Anordnung, daß Korneuburg (welches 1298 bzw. 1311 das Stadtrecht bekam) im Jahre 1327 zum alleinigen Handelsplatz für sämtliche land- und forstwirtschaftlichen Bodenprodukte am linken Donauufer bis Krems bestimmt wurde. Das war auch für unseren Heimatort, der hauptsächlich Getreide und Wein - möglicherweise auch etwas Holz - produzierte, von großem Vorteil.

Im Jahre 1357 schenkte der Klosterneburger Bürger Gundolf der Tutz unserer Gemeinde Wald - und Grundstücke am Bisamberg. Seit 1900 erinnert eine Gasse in Langenzersdorf an diesen Wohltäter.

Um die andauernd schlechte Lage der Landesfinanzen zu verbessern wurden u.a. 1395 alle Gutsämter des Stiftes Klosterneuburg zu einer außerordentlichen Abgabe herangezogen; dabei erscheint das Amt Enzersdorf mit 60 Talenten (1 Talent = 240 Denare bzw. Pfennige) unter den höchstbesteuerten, ihm glich nur die Gutsämter Ottakring Eipeltau (heute Leopoldau), Pirawath und Stoitzendorf (mit der Stadt Eggenburg).

Um 1400 wurde der gesamte Donauraum, Böhmen und Ungarn von großen Unruhen erfaßt. Ein Grund lag in dem seit dem späten 14. Jahrhundert einsetzenden Verfall des Rittertums (Raubritter), noch schlimmer wurde es durch den Bürgerkrieg, der durch den Streit der beiden Habsburger Herzöge und Brüder Leopold IV. und Ernst entstand. Leopold stützte sich u.a. auf den Raubritter Sokol aus Znaim, der nach Korneuburg zog, wo er sein Hauptquartier aufschlug. Von hier aus plünderte er die Anhänger von Herzog Ernst in der Umgebung und verheerte u.a. vier am linken Donauufer liegende Dörfer des Stiftes Klosterneuburg (welches von Herzog Ernst und seinen Anhängern besetzt war.) Damit im Zusammenhang heißt es über unseren Heimatort, welcher schon im Jahre 1405 durch Überschwemmungen schweren Schaden an Kirche und Ort genommen hatte: „Im Jahre 1408 wurde von Korneuburg aus Enzersdorf verwüstet, geplündert und die Einwohner bis aufs Hemd ausgeraubt“(L. Hofmann, Geschichte der Pfarre Langenzersdorf). 

Am 6. Juli 1415 wurde Jan Hus (ursprünglicher Name: Johannes de Husinetz) durch das Konzil von Konstanz als Ketzer verurteilt und an diesem Tag auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Seine Laufbahn begann ganz normal im Jahre 1398 mit theologischen Vorlesungen an der Universität Prag, er war dort auch Dekan sowie Rektor und als katholischer Priester ein bekannter Prediger. Ab 1403 beschäftigte er sich jedoch verstärkt mit den extrem reformatorischen Schriften des Engländers John Wiclif, der besonders gegen das päpstliche „Antichristentum“ kämpfte. Hus nahm diese Ideen auf und wurde in seinen Forderungen nach Reformen der Kirche an Haupt und Glieder immer radikaler, es kam zu Unruhen und Zusammenstößen, bis schließlich 1412 der große Kirchenbann als letzte Warnung über ihn verhängt wurde.

Infolge der Hinrichtung steigerte sich die Aufregung und Bewegung in Böhmen auf das höchste, das Land steuerte einem Bürgerkrieg zu. Der Papst verkündete 1420 einen Kreuzzug nach Böhmen, jedoch das Heer wurde von den Taboriten (en radikalen Hus - Anhängern) vernichtend geschlagen. Dieser Sieg war das Signal zu grausamer Heimsuchung der deutschen Städte, da die Hussiten stets betont tschechisch - national eingestellt waren. Nach 1424 gingen sie zum Angriff auf diebenachbarten deutschen Länder über, wie Österreich, Schlesien, Sachsen und andere.

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